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Das Gewächshaus der nächsten Generation

Wie sich die Gewächshäuser verändern und wie Innovationen neue Potenziale schaffen


Im Supermarkt finden wir das ganze Jahr über Obst und Gemüse, auch wenn sie in der aktuellen Saison im Freien nicht wachsen würden. Importe und Indoor-Anbau in Gewächshäusern machen dies möglich. Vor allem Obst und Gemüse, das nicht lange gelagert werden kann, wird zu nahezu 100 Prozent unter Glas angebaut. Das gilt vor allem in den westlichen Ländern Europas, beispielsweise für Tomaten, Gurken und Paprika.


Die wachsende, ganzjährige Nachfrage nach Obst und Gemüse ist einer der Gründe für die zunehmende Beliebtheit des Anbaus in geschlossenen Systemen. Außerdem sehen sich die Erzeuger*innen mit Veränderungen in Umwelt, Klimas und Wetters konfrontiert, die tendenziell immer extremer werden, was das Risiko von Ertragsverlusten erhöht.

Tomaten, Gurken und Paprika sind einige der Arten, die hierzulande meist unter Glas angebaut werden.

Die Nachfrage nach frischen Produkten steigt - und der Wunsch der Verbraucher*innen nach mehr Frische und Nachhaltigkeit mehr denn je.

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Indoor-Anbau stark gewandelt - Verfahren wurden verbessert, Bewässerung und Pflanzenpflege optimiert. Auch einige Prozesse der täglichen Arbeit wurden (teilweise) automatisiert. Dies gilt vor allem für Prozesse wie Lüftung, Heizung und Kühlung oder Bewässerung. Durch diese Lösungen, vor allem mithilfe von Sensorik, erhalten Erzeuger*innen einen besseren Überblick über den Zustand des Gewächshauses und der Pflanzen und können entsprechend handeln.


Veränderungen

Heute sind viele Prozesse teilweise automatisiert. Dieser Zustand befindet sich jedoch im Wandel - immer mehr Aufgaben und sogar ganze Gewächshäuser werden automatisiert. Die Landwirt*innen beschäftigen sich mit solchen Lösungen, da Arbeitskosten steigen und die Verfügbarkeit von Hilfskräften abnimmt, Kosten für Ressourcen steigen und äußere Einflüsse wie Covid oder Krieg das Tagesgeschäft beeinflussen. Bereits im Jahr 2018 klagten 90 Prozent der deutschen Erdbeer- und Spargelbauern über einen drastischen Rückgang der Erntehelfer*innen [1]. In den Folgejahren hat sich dies durch Covid und den Krieg in der Ukraine noch verschärft. Und dieses Gebiet ist nur ein Beispiel – nicht nur Erdbeeren, sondern alle anderen in Gewächshäusern angebauten Pflanzen werden von Hand geerntet. Darunter auch Tomaten, Gurken und Paprika, einige der beliebtesten Gemüsearten in Deutschland und Westeuropa.

Durch die sinkende Verfügbarkeit von Arbeitskräften für Pflanzenpflege und Ernte suchen Erzeuger*innen nach Methoden, um sicherzustellen, dass ihre Pflanzen weiterhin gepflegt und geerntet werden – viele finden eine Antwort in der teilweisen oder vollständigen Automatisierung ihrer Gewächshäuser.

Dies kann den Einsatz von Drohnen, Robotern oder neuer Softwarelösungen entweder für einzelne Prozesse oder für das gesamte Wachstum, die Pflanzenpflege und Ernte bedeuten. Die neuesten Lösungen gehen noch einen Schritt weiter in der Automatisierung – zum Beispiel mit Robotern oder Drohnen, die die Früchte pflücken, die Pflanzenpflege oder die UV-Lichtbehandlung automatisieren, indem sie autonom durch das Gewächshaus fahren. Wo Sensoren, Software und Technologien zuvor evaluiert und anschließend Handlungen vorgeschlagen haben, können sie diese nun direkt umsetzen.



Zu den neuen Technologien im Gewächshaus gehören Drohnen, Ernteroboter und neue Softwarelösungen.

Das Potential der Automatisierung


Wirtschaftlichkeit

"Wenn wir uns die Notwendigkeiten der Automatisierung anschauen, sehen wir, dass arbeitsintensive Prozesse zuerst automatisiert werden müssen. Ganz einfach, weil die Suche nach Arbeitskräften das ist, womit die Landwirt*innen heute am meisten zu kämpfen haben", sagt Dolf van der Hoeven, Technical Commercial Director bei Metazet Formflex.

Das Unternehmen bietet Lösungen für den Gartenbau und hat kürzlich eine autonome Plattform für verschiedene Anwendungen eingeführt. "Was in einer bestimmten Kultur die arbeitsintensivste Arbeit ist, variiert - bei manchen Pflanzen ist es die Ernte, bei anderen die Pflege oder Bewässerung", fügt er hinzu.

Unabhängig davon, wie es eingesetzt wird, birgt Automatisierung das Potenzial, die Landwirtschaft effizienter zu machen. Die Landwirt*innen können Ressourcen wie Wasser und Energie einsparen und mit Hilfe der Technologie auch die Kosten senken.


Nachhaltigkeit und Resilienz

Intelligente Systeme, die ein Handeln basierend auf Bedingungen im Gewächshaus, Zustand von Pflanzen oder auch Wetter vorschlagen oder selbst einleiten, können mehr als 40% Energie und dadurch auch Kosten für Anbauende einsparen [2]. Das selbe gilt auch für Wasser und Pestizide, wo intelligente Technologien die eingesetzte Menge ebenso drastisch reduzieren können und die Pflanzen dennoch optimal versorgen.

Resilienz bringen neue Technologien vor allem dann, wenn eine lokale Produktion durch sie erst möglich wird – beispielsweise, weil Temperaturen oder Bedingungen einen Anbau in der Region sonst nicht ermöglichen würden. Hier kann dann eine Unabhängigkeit von Produkten aus dem Ausland, sowie für die Landwirt*innen auch eine Unabhängigkeit von Saisonarbeitskräften geschaffen werden.

Mit Blick auf die Widerstandsfähigkeit liegt ein weiteres Potenzial der Automatisierung in einer höheren Qualität der Früchte. Durch die Versorgung mit genau der benötigten Wassermenge und wenig bis gar keinen Pestiziden kann die Qualität der Früchte steigen. Die Menge an beschädigten oder verschimmelten Früchten kann verringert werden, was die Lebensmittelverschwendung und den Verlust für den Erzeuger reduziert.



Was hält uns auf?

Warum sind also (noch) nicht alle Gewächshäuser automatisiert? Einige der größten Herausforderungen bei der Umsetzung von Automatisierungs- und IoT-Lösungen sind Sicherheitsfaktoren, Ungewissheit über die Rentabilität der Investitionen, mangelndes technisches Know-how und Zweifel an der Interoperabilität.

Das fehlende Wissen über die Technologie ist eine große Herausforderung, die nach Ansicht von Forscher*innen durch Kommunikation und Integration angegangen werden muss - die Landwirt*innen und ihre Voraussetzungen bei der Entwicklung von Systemen im Auge zu behalten, ist für die spätere Umsetzung immens wichtig. Die Innovatoren müssen sich besonders bei digitalen Produkten auf die Benutzerschnittstelle konzentrieren. Besonders die Bereitstellung von Lösungen in der Landessprache ist ein möglicher Weg, diese Herausforderung zu überwinden [3].


Dolf van der Hoeven kennt diese Hürde und weiß, wo angesetzt werden muss: "Ein Tipp, den wir sehr häufig geben ist, alle Prozesse im Gewächshaus oder im landwirtschaftlichen Betrieb abzubilden, bevor man sie automatisiert - man sollte sich alle Schritte ansehen, die derzeit durchgeführt werden, ihre Ergebnisse und ihre Notwendigkeit. Auf diese Weise hat man den richtigen Ausgangspunkt und kann dann überlegen, welche Automatisierungsmethode die beste für den Anfang ist. Es gibt auch Experten, die nicht nur die Automatisierung des Gesamtsystems verkaufen, sondern dies bei der Umsetzung eines einzelnen Schrittes im Hinterkopf haben. Auf diese Weise kann die Automatisierung später fortgesetzt werden." Der nächste Schritt nach dieser ersten Implementierung könnte dann eine Kette von mehreren autonomen Systemen sein, die miteinander kommunizieren und eine Kette bilden, die effizient funktioniert, so der Experte von Metazet.


Wenn sie effizient und mit einem ganzheitlichen Ansatz durchgeführt wird, birgt die Automatisierung in Gewächshäusern das Potenzial für mehr Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit für Landwirt*innen. Die Lösungen, die wir heute sehen, sind breit gefächert und entwickeln sich weiter. Die Lösungen der Zukunft werden die Gewächshäuser noch weiter verändern – sie werden sich an die gegebenen Umstände anpassen, wie beispielsweise an steigende Kosten und sinkende Verfügbarkeit von Arbeitskräften.




[3] Subeesh, A., und C. R. Mehta. „Automation and Digitization of Agriculture Using Artificial Intelligence and Internet of Things“. Artificial Intelligence in Agriculture 5 (1. Januar 2021): 278–91. https://doi.org/10.1016/j.aiia.2021.11.004.





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