Karls Erdbeeren und der Anbau der Zukunft
Wer den Namen Karls Erdbeerhof hört, kann an vieles denken – mehr als 400 Verkaufsstände, an denen Erdbeeren angeboten werden, Erlebnisdörfer, in denen Kinder und Erwachsene die Zubereitung von Marmelade und Co bestaunen können – oder Erdbeerfelder, die sich auf mehreren hundert Hektar Grund erstrecken. Bei Karls werden auf letzteren jährlich mehrere Tausend der roten Früchte geerntet.
Organifarms hat mit Axel Stelter gesprochen. Er ist bei Karls für die Akquise neuer Technologien zuständig. So schaut er sich neue Robotik- und Anbausysteme, Methoden und Technologien an und bewertet ihre Einsatzmöglichkeiten.
Axel, dein Job ist es, neue Methoden und Technologien im Erdbeeranbau zu bewerten und gegebenenfalls bei Euch zu etablieren. Weshalb ist das notwendig?
Besonders die vergangenen beiden Jahre haben uns gezeigt, wo die Schwächen des aktuellen Systems im Erdbeeranbau und vor allem in der Ernte liegen. So hat es die Coronapandemie enorm schwierig bis unmöglich gemacht, Erntehelfer:innen nach Deutschland zu holen. Dann kam noch der Krieg in der Ukraine hinzu, der ebenfalls dafür gesorgt hat, dass weniger Arbeitskräfte kommen.
Wir bei Karls haben da gemerkt, dass wir als eine Art Inkubator fungieren können, der junge Firmen unterstützt, ihre Technologien voranzutreiben und die Anwendung bei uns zu testen. Das sehen wir als große Chance!
Wird es also demnächst keine Erntehelfer:innen mehr geben?
Es geht uns nicht darum, Menschen zu ersetzen. Neue Technologien sind vielmehr Ergänzungen. Häufig erledigen sie die unattraktiveren Aufgaben. Es kann wesentlich attraktiver sein, einer Person den Auftrag zu geben, vier Ernteroboter am Computer zu überwachen, als ihr vorzuschlagen, die Ernte selbst zu übernehmen.
Könnte das auch Türen für lokale Fachkräfte öffnen?
Sicher, das ist auch ein Vorteil der Technologisierung. Wir merken, dass regionaler Anbau viele Vorteile bietet, gerade im Krisen-Kontext. Um den lokalen Anbau profitabel und ethisch korrekt zu ermöglichen, sind Technologien wie Ernteroboter oder Vertical Farming eine große Chance!
Es werden also bessere Arbeitsbedingungen geschaffen, weil es dann andere Jobs gibt?
Häufig, ja. In solchen Bereichen ist es zumeist so, dass die Arbeiten beispielsweise körperlich weniger belastend sind und durch einen höheren Qualifikationsanspruch auch besser bezahlt werden.
Neue Anbaumethoden können dazu beitragen, dass es länger im Jahr Erdbeeren gibt. Braucht man somit in Zukunft mehr Erntehelfer:innen, anstatt weniger durch die Technologie?
Das ist nicht unbedingt immer das Ziel – es wird generell versucht, die Hochphase der natürlichen Erdbeer-Reife zu entzerren, übers Jahr gleichmäßiger und dafür länger zu ernten. Das ist für den Einsatz von Personal und Aufgaben, die damit zusammenhängen, wie beispielsweise die Planung von Unterkünften, hilfreich.
Was sind schon sichtbare Erfolge von Modernisierung und Technologisierung in der Erdbeerernte?
Besonders der Anbau in Stellagen ist hier vorteilhaft. Die Arbeitenden müssen nicht mehr am Boden pflücken, sondern auf ca. 1,40m Höhe im Stehen, was wesentlich angenehmer ist.
… und dennoch bedeutet sie einen großen Sprung im Anbau und in der Arbeitsqualität. Und solche Modifizierungen bieten häufig Anknüpfungspunkte für Technologien – wie Ernteroboter zum Beispiel.
Was fasziniert die Menschen an der Erdbeere so? Euer Konzept baut ja auf genau dieser Begeisterung.
Die Erdbeere ist wahnsinnig vielfältig und etwas, auf das sich viele Personen einigen können. Erdbeeren sind sympathisch, sie sehen ansprechend aus und es gibt sie nicht das ganze Jahr über – gerade deswegen verbinden viele mit ihr auch den Sommer. Die Erdbeere transportiert einfach ein sonniges Gefühl. Damit dieses bleibt und auch die Erzeugung damit positiv verknüpft werden kann, arbeiten wir stetig an deren Verbesserung.
Es gibt bei euch auch Felder, auf denen Erdbeeren selbst gepflückt werden können – als Erlebnis. Würde so etwas auch von Maschinen erledigt werden?
Sicher nicht, das ist etwas grundlegend anderes als das Pflücken für den Weiterverkauf. Hier haben die Leute einfach Spaß daran, die Erdbeeren selbst zu ernten, besonders Kinder.
Kann Technologie die Begeisterung bei der Selbsternte vielleicht schmälern?
Nein, nicht zwingend. Wir beobachten eher, dass durch Technologisierung – also einen Roboter oder eine Anbauweise – beispielsweise Aeroponik – auch Begeisterung und Neugier entsteht. Das ist dann zwar ein etwas anderes Erlebnis, eines mit stärkerem Lernfaktor, aber auch den schätzen viele Menschen sehr.
Also gibt es demnächst Selbstpflückerlebnisse in der Vertical Farm?
(Lacht) Wohl eher nicht. Solche Systeme sind ja sehr sensibel, wenn es um Außeneinflüsse geht. Aber sie steigern den Coolness-Faktor des Anbaus schon enorm und das Interesse ist da! Man muss sich nur neue Wege überlegen, das Erlebnis für die Besucher:innen auch dort greifbar zu machen. Möglich ist es sicher, und wir arbeiten daran!
Vielen Dank für das Gespräch, Axel!
Alle Informationen zu Karls gibt es unter www.karls.de